Thomas Alteck
Amtsgericht Freiburg
- 42 F 106/94 -
z.Hd. Fr. Richterin Merk
Holzmarkt 2
79098 Freiburg i.Br.
27.03.1996
betreff: Umgangsregelung mit Anna
Sehr geehrte Frau Merk,
zu Ihrem Brief vom 12.3.96 teile ich Ihnen mit, dass ich bereit bin, Anna bei Frau Holtmann-Blust zu treffen. Ich werde mich zu diesem Zweck mit ihr in Verbindung setzen und ihr vorschlagen, den Termin möglichst zeitnah an das geplante Treffen mit Maria und Yvonne zu legen. Dieses soll, nach Angaben der Mutter, am Freitag, den 19. April stattfinden
Darüber hinaus melde ich meine Bedenken gegen die Neutralität der vorgeschlagenen Begleitperson, Frau Ute Haak an. Ich begründe meine Bedenken mit der deutlichen Verbindung, die zwischen der erwähnten Therapeutin von Maria und Yvonne und der Selbsthilfegruppe 'Wendepunkt' besteht. Das vorgeschlagene Restaurant 'Waldsee' ist ein von den Wendepunkt-Mitgliedern häufig frequentiertes Lokal. Im Interesse eines baldigen Kontaktes akzeptiere ich Ort und Person zunächst unter Vorbehalt.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Alteck
P.S. Ihrem Brief habe ich entnommen, dass Sie der Überzeugung sind, dass Annas Ängste nicht ausschließlich auf das Verhalten der Mutter zurückgeführt werden können und Sie den Eindruck gewonnen haben, dass die Mutter alles tut, um das Kind von den ungewöhnlichen Ängsten zu befreien.
Auch ich bin zu einer Überzeugung gekommen. Nämlich, dass es keinen Sinn hat, weiter um die psychische Gesundheit meiner Kinder zu kämpfen, da es sie nicht mehr gibt, die Gesundheit.
Warum ist es mir nicht gelungen, auch nur eine(n) der Verantwortlichen in seiner Überzeugung zumindest soweit zu verunsichern, dass er/sie bereit gewesen wäre, Zeugen zu hören und damit nicht allein aufgrund des eigenen Urteilsvermögens zu entscheiden, welche der absolut gegenteiligen Aussagen der Eltern richtig ist? Was habe ich falsch gemacht? Warum habe ich meine Kinder nicht schützen können?
Wie kommt es, dass wir so sehr geneigt sind unsere alltägliche Erfahrung -schützende Mutter- unter keinen Umständen in Frage zu stellen?
Wir verbinden Normalität mit Realitätsbezug und messen/definieren Geisteskrankheit am Realitätsverlust. Vermutlich wird es mir immer unerklärlich bleiben, aus welchem Grund selbst in diesem Fall, wo die Gutachten bescheinigten, dass die Mutter nicht immer die Realitätskontolle zu wahren vermag und sie zudem ihre Rolle als Hausfrau und Mutter zutiefst ablehnt, das Bild der 'guten Mutter' erhalten blieb.
Fatal für die Kinder, die sich an diesem Elternteil orientieren müssen. Nicht allein fatal sondern auch katastrophal weil weitgehend irreparabel. Trotzdem kann ich niemandem einen Vorwurf machen. Ich selbst habe jahrelang mit dieser Frau gelebt und eher an meiner eigenen Wahrnehmung gezweifelt als sie in Frage gestellt.
Gott möge die Kinder schützen - mir ist es nicht gelungen.
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