für meine Kinder  
   
     
   
   
 
 
 
 
         
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Oberlandesgericht Stuttgart
- 18. Zivilsenat -
- Familiensenat -

Beschluß

In der Familiensache

Ute Alteck ‚ Hufschmiedstr.. 18, 79427 Sonstwo,
- Beschwerdeführerin/Antragstellerin -
Proz.Bev.: Rechtsanwälte Dr. Kellermann-Körber und Kollegen, Böblinger Str. 2, 71088 Holzgerl ingen

gegen

Thomas Alteck ‚ Strasse, Plz - Ort,
- Beschwerdeführer/Antragsgegner -
Proz.Bev.: Rechtsanwälte Dr. Müller und Kollegen, Esslinger Str. 80, 70736 Fellbach


wegen Ehescheidung und Folgesachen

h i e r :Regelung der elterlichen Sorge für die Kinder

    Anna, geb. 1.11.1984,
    Maria, geb. 14.3.1986 und
    Yvonne, geb. 12.4.1988,

sowie Regelung des Umgangsrechts des Vaters

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart am 9. Februar 1994 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am OLG Dr. Häberle, des Richters am OLG Dr. Kiefer und des Richters am LG Schädel

beschlossen:

1. Die Beschwerde des Vaters gegen Ziff. 2 des Scheidungsverbundurteils des Amtsgerichts - Familiengericht -Böblingen vom 24. Februar 1993 (13 F 281/92) wird zurückgewiesen

II. Auf die Beschwerde der Mutter wird Ziff. 4 des genannten Scheidungsverbundurteils abgeändert

Die am 4. Februar 1994 vor dem Oberlandesgericht Stuttgart geschlossene Vereinbarung der Eltern über eine Anbahnung des Umgangsrechts des Vaters wird genehmigt

III.Die Kosten im Beschwerdeverfahren werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert:10.000,-- DM (elterliche Sorge 5.000,- DM; Umgangsregelung 5.000,- DM).

Die Beschwerden beider Eltern, nämlich die des Vaters gegen die Übertragung des Sorgerechts auf die Mutter und die der Mutter gegen die Regelung des Umgangsrechts des Vaters mit dem Ziel eines Ausschlusses dieses Umgangsrechts, sind an sich statthaft und, da form- und fristgerecht eingelegt und begründet, auch sonst zulässig. Sie haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.

 

1.Auch nach Ansicht des Senats ist die elterliche Sorge für die drei Kinder der Parteien auf die Mutter zu übertragen.

Das Gericht hat, da die Eltern sich auf einen übereinstimmenden Vorschlag zur Regelung der elterlichen Sorge nicht einigen konnten, die Regelung zu treffen, die dem Wohl der Kinder am besten entspricht; dabei sind die Bindungen der Kinder, insbesondere an Eltern und Geschwister, zu berücksichtigen (S 1671 Abs. 2 BGB). Dies rechtfertigt die angefochtene Entscheidung.

a) Zur Begründung kann zunächst auf die Entscheidungsgründe des Familiengerichts verwiesen werden. Auch der seitherige Zeitablauf hat an den engen Bindungen der Kinder an ihre Mutter nichts geändert. Aus dem vom Senat eingeholten ergänzenden Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Lempp geht überzeugend hervor, dass sich alle drei Kinder nach wie vor für einen Verbleib bei der Mutter aussprechen. Dies haben die Kinder Anna und Maria - mit Yvonne war eine Verständigung im Gerichtssaal nicht möglich - auch bei ihrer Anhörung vor dem Senat deutlich zum Ausdruck gebracht.

b) Gründe, die entgegen den engen Bindungen der Kinder an ihre Mutter eine Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater erfordern würden, bestehen nicht. Entgegen der Befürchtung des Vaters gibt es nach wie vor keine schwerwiegenden Zweifel an der Erziehungsfähigkeit der Mutter. Aus dem Bericht des Landratsamts Breisgau - Hochschwarzwald geht hervor, dass die äußere häusliche Situation der Kinder zu Beanstandungen keinen Anlaß gibt und dass auch seitens der Schule keine Auffälligkeiten berichtet werden. Insbesondere besuchen die Kinder - anders als vom Vater für Zeiten in der Vergangenheit vorgetragen - offenkundig wieder regelmäßig die Schule. Der Mutter kann auch nicht vorgeworfen werden, sie habe den Vater wider besseres Wissen des sexuellen Missbrauchs seiner Tochter Anna beschuldigt.

 

Zwar gibt es nach dem überzeugenden ergänzenden Gutachten des Sachverständigen massive Hinweise darauf, dass Anna nur ursprüngliche Vermutungen und Ängste der Mutter agierend aufgegriffen und auch in ihrer Phantasie ausgestaltet hat. Auch die Äußerung der Psychologin Frau Iskenius von der Kobra eV, Beratungsstelle für sexuell missbrauchte Mädchen, gegenüber der Prozeßbevollmächtigten der Mutter ergibt keinen gewichtigen Hinweis auf einen sexuellen Missbrauch des Kindes durch den Vater; die festgestellte durchgängige heftige Ablehnung des Vaters durch Anna deutet, was ja auch nicht verkannt wird, keinesfalls auf einen sexuellen Missbrauch hin, sondern läßt sich auch aufgrund anderer Umstände erklären. Obwohl somit ein sexueller Missbrauch des Kindes eher unwahrscheinlich ist, kann der Mutter dennoch nicht mit ausreichender Sicherheit vorgeworfen werden, sie habe den sexuellen Missbrauch wider besseres Wissen behauptet.

 

Der Mutter kann bisher auch nicht vorgeworfen werden, dass sie gezielt das Umgangsrecht des Vaters hintertreibe. Alle drei Kinder lehnen derzeit zwar ein Umgangsrecht mit dem Vater ab, wie sich aus dem Gutachten, aber auch aus der Anhörung der Kinder durch den Senat ergibt. Dies läßt sich jedoch nicht zwingend auf eine gezielte Beeinflussung der Mutter zurückführen, sondern kann auch in anderen Umständen begründet sein, etwa der wider den Willen der Kinder erfolgten Entführung durch den Vater im Juli 1992 oder darin4 dass sich die Kinder in der ungewöhnlich heftig ausgetragenen Auseinandersetzung der Eltern auf die Seite eines Elternteils, und hier aus naheliegenden Gründen auf die Seite der Mutter, geschlagen haben.

 

Somit gibt es zusammenfassend keine ausschlaggebenden Gründe, trotz der eindeutigen Bindungen der Kinder an die Mutter von einer Übertragung der elterlichen Sorge auf diese abzusehen.

 

2. Der von der Mutter erstrebte Ausschluß des Umgangsrechts des Vaters ist zum Wohl der Kinder nicht erforderlich (S 1634 Abs. 2 Satz 2 BGB) und scheidet daher aus. Der Sachverständige hat in seiner Anhörung vor dem Senat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ein Ausschluß des Umgangsrechts nicht erforderlich ist, vielmehr ein Umgangsrecht im Gegenteil dem Wohl der Kinder dient.

Allerdings hat der Sachverständige ebenfalls keinen Zweifel daran gelassen, dass zunächst im Hinblick auf die bestehenden Spannungen und darauf, dass "die Kinder durcheinander sind", nur ein begleitetes Umgangsrecht des Vaters in Betracht kommt und mit einer Eltern- und Familientherapie verbunden sein muß. Dem haben sich die Eltern angeschlossen und eine Vereinbarung geschlossen, die über ein mit einer Therapie verbundenes begleitetes Umgangsrecht zu einem unbetreuten Umgangsrecht des Vaters führen soll. Diese Vereinbarung entspricht offensichtlich dem Wohl der Kinder und ist daher familiengerichtlich zu genehmigen.

 

Da derzeit somit ein unbetreutes Umgangsrecht mit dem Wohl der Kinder nicht vereinbar wäre, war die vom Amtsgericht getroffene Umgangsregelung abzuändern. Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass ein Umgangsrecht des Vaters nicht in Betracht käme, sondern nur, dass die Eltern sich im Anschluß an das vorgesehene betreute Umgangsrecht und die vorgesehene Therapie über Art und Umfang des Umgangsrechts des Vaters zu einigen haben werden und die Durchführung des Umgangsrechts an die bis dahin eingetretenen Umstände anpassen müssen. Es ist dabei besonders Aufgabe der sorgeberechtigten Mutter, alles zu unterlassen, was das Verhältnis der Kinder zum Vater beeinträchtigen könnte (S 1634

Abs. 1 Satz 2 BGB). Darüber hinaus ist auch ein Kriterium für die Erziehungsfähigkeit der Mutter, wie sie die im Interesse des Kindeswohls unerläßliche Wiederanbahnung des Umgangsrechts des Vaters begleitet und fördert. Es soll dabei zwar nicht verkannt werden, dass im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht des Vaters auch vom Sachverständigen festgestellte Ängste der Mutter vorhanden sind zum Beispiel im Hinblick auf die Entführung der Kinder auch in gewissem Umfang verständlich sind. Deren Überwindung soll jedoch u.a. die vorgesehene Therapie dienen.

 

3.Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

(Dr. Häberle)(Dr. Kiefer)(Schädel)




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