Von: RA Stoll
An: OLG Stuttgart
In der Familiensache
Ute Heinpen / Thomas Alteck
begründe ich die mit Schriftsatz vom 30.03.1993 eingelegte Beschwerde nunmehr wie folgt:
Das Familiengericht ist zu Unrecht zu der Entscheidung gelangt, dass es dem Kindeswohl am ehesten entspricht, die elterliche Sorge der Mutter zu übertragen.
Der beschwerdeführende Vater ist nicht zuletzt aufgrund leidvoller Erfahrungen im Zuge dieses Scheidungsverfahrens zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Verbleiben der Kinder bei der Mutter deren Wohl nachhaltig gestört und gefährdet ist.
Bereits im Antrag vom 27.01.1992 wurde darauf hingewiesen, dass die Kinder aufgrund des Einflusses der Mutter Schäden davongetragen hatten und weiter bekommen würden. Diese Beeinträchtigung ist vom Sachverständigen Lempp eindeutig bestätigt worden. Obwohl der Sachverständige und das Gericht der Mutter Erziehungsfähigkeit zusprachen, muß man aufgrund der Ereignisse davon ausgehen, dass es an einer Erziehungswilligkeit der Mutter fehlt. Im einzelnen hierzu folgendes:
1. Die Mutter hat durch die falsche Behauptung, der Vater habe die Kinder sexuell missbraucht, alles getan, um den Vater seinen Kindern zu entfremden und vorzuenthalten. Sie weigerte sich aus nicht nachvollziehbaren Gründen die Kinder einem kinderpsychologischen Gutachter vorzustellen, um somit den Verdacht schnell aus der Welt zu schaffen. Obwohl ihr vom Sachverständigen Lempp bereits im April 1992 nahegelegt wurde, dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder mit ihrem Vater Umgang haben, hat sie dies negiert und - vorsätzlich falsch - Dritten gegenüber erklärt, es sei richterlich verboten worden, dass der Antragsgegner seine Kinder sieht.
Beweis: Zeugnis des Herrn Robert Friedrich, Talstraße 33, Plz - Ort
sowie
Zeugnis des Herrn Polizeibeamten Kirchner vom Polizeirevier Unbenannt
Als dem Vater - mit Rücksicht auf die Mutter - nur ein betreutes Umgangsrecht beim Kinderschutzbund Böblingen zugesprochen wurde, hat die Mutter alles in die Wege geleitet, um diese Besuche sowohl zeitlich als auch im Hinblick auf die Anwesenheit aller Kinder zu unterbinden und zu unterlaufen. Das Bundesverfassungsgericht hat zum Eltern-Kind-Verhältnis festgestellt:
Das Kind ist ein Wesen mit eigener Menschenwürde und dem Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne des Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 des Grundgesetzes. Eine Verfassung, die die Würde des Menschen in den Mittelpunkt ihres Wertesystems stellt, kann bei der Ordnung zwischenmenschlicher Beziehungen grundsätzlich niemandem Rechte an der Person eines anderen einräumen, die nicht zugleich pflichtgebunden sind und die Menschenwürde des anderen respektieren.
Das Interesse des Kindes ist auf eine kindheitslange unauflösliche Eltern-Kind-Beziehung gerichtet.
Es entspricht den Erkenntnissen in allen kinderkundljchen Wissenschaftsbereichen, dass die Dauerhaftigkeit familiärer Sozialbeziehungen heute als entscheidende Grundlage für eine stabile und gesunde psychosoziale Entwicklung des heranwachsenden Menschen gesehen wird.
Für die Eltern ergibt sich damit die Verpflichtung: - Die regelmäßig mit der Trennung verbundene Schädigung nach Möglichkeit zu mildern und eine vernünftige, den Interessen des Kindes entsprechende Lösung für seine Pflege und Erziehung sowie seine weiteren persönhichen Beziehungen zu ihnen zu finden.
Die durch nichts gerechtfertigte Auffassung, dem Vater überhaupt ein Umgangsrecht abzusprechen, spricht daher deutlich gegen Erziehungsfähigkeit und Erziehungswilligkeit der Mutter.
2. Der Vater hat festgestellt, dass sie den Kontakt der Kinder zu den Großeltern einerseits, Paten und bisherigen Freunden total unterbindet, was sicher nicht der Entwicklung der Kinder förderlich ist.
Beweis: Zunächst Zeugnis NN
Wenn die Mutter die Auffassung vertritt, dem Vater müsse ein Umgangsrecht überhaupt nicht gewährt sein, so liegt dies auf einer Linie mit den Vorstellung der Mutter, dass der Vater aus dem Leben der Kinder " zu verschwinden " habe.
Bereits im Dezember 1991 hat die Mutter einer Zeugin, nämlich der Frau Deuschle gegenüber zu verstehen gegeben, dass der Vater die Kinder nie mehr wieder sehen werde. Auch in der Folge hat sie es meisterhaft verstanden, jeglichen Kontakt des Vaters zu den Kindern zu unterbinden.
Sie hat, dies hat der Vater erst jetzt erfahren, der Babysitterin Anweisung gegeben, den Kindern auf alle Fälle zu verbieten, den Vater anzurufen, ihn am Fenster zu grüßen und dergleichen mehr. Am stärksten dokumentierte sich der Wille der Mutter, den Kindern den Vater vorzuenthalten darin, dass sie in einer Anwandlung von Urvölkermythologie es für richtig fand, Anna ein Bild des Vaters verbrennen zu lassen!
Nachdem gerade dieser zuletzt genannte Vorfall, wie erst im Laufe des Verfahrens bekannt wurde, bereits im April 1992 stattfand, erklärt sich hieraus durchaus die Angst und das Gefühl der Bedrohung, die der Sachverständige Prof. Lempp bei Anna bei der Begutachtung feststellen mußte. Wer derartig die Kinder in Konflikte bringt, muß sich nicht wundern, wenn dies zu psychosomatischen Störungen führt!
Es entspricht dem rücksichtslosen Handeln der Mutter, dass sie wiederum diese Reaktionen der Kinder gegen den Vater zu verwenden sucht, indem sie neuerlich und unrichtig vorgibt, die Kinder hätten Angst vor dem Vater, Angst ihn zu besuchen und Angst vor einer neuerlichen " Entführung ". Frau Schaten gibt an, dass die Kinder sich immer auf die Kontakte gefreut haben und danach tagelang positiv davon gesprochen haben, wohingegen die Mutter versuchte, ihnen die Besuche auszureden und behauptete, sie würden den Kindern schaden.
3. Nicht dem Wohle der Kinder entsprechend war sicher das Verhalten der Mutter, dass die Kinder ihrer Schulpflicht nicht nachkamen. Im Frühjahr 1992 nahm die Mutter die schulpflichtige Tochter Anna kurzerhand ohne jeden Anlaß für zwei Wochen in einen Urlaub mit, obwohl dies auch anderes hätte geplant werden können. Nach den Sommerferien 1992 hat es die Mutter unterlassen, die Kinder 1 1/2 Wochen in die Schule zu schicken, wodurch Maria auch um das für ein Kind wesentliche Erlebnis der Einschulung schlicht und ergreifend herumkam. Gerade Maria hatte sich auf diesen Termin über Monate hinweg gefreut. Gründe, weshalb die Kinder nicht in die Schule geschickt wurden, konnte die Mutter nicht angeben. Gerade dieser Umstand war es dann auch, der den Vorderrichter veranlaßte, die Mutter auf die Einhaltung der gesetzlichen Schulpflicht hinzuweisen und sie diesbezüglich zu ermahnen.
Die Mutter hat sich " keinen Deut " um diesen Hinweis gekümmert. Ohne Rücksprache mit der Schule hat sie ihren Weihnachtsurlaub wieder so gelegt, dass sie die Kinder eine Woche vor Beginn der Schulferien kurzerhand nicht mehr zur Schule schickte und erst 1 1/2 Wochen nach Wiederbeginn der Schule im Januar 1993 wieder für 3 Tage zur Schule brachte. Der Schule gegenüber wurde angegeben, die Kinder seien krank gewesen. Ein Nachweis wurde unseres Wissens nicht gebracht. Statt dessen gibt es Hinweise darauf, dass die Kinder bei einer Freundin in Wuppertal waren und die Mutter in Süddeutschland eine Wohnung suchte.
Am 29.01.1993 hat die Klassenlehrerin von Maria dem Familiengericht mitgeteilt, dass das Kind bis zu diesem Zeitpunkt schon 33 Fehltage hatte und seit dem 25.01.1993 wieder fehlt. Seit diesem Zeitpunkt ist vollkommen unklar, ob sich die Kinder überhaupt in der Schule befinden, zumindest sind sie bis heute noch bei der Waldorfschule in Böblingen als Schüler angemeldet. Bei der staatlichen Schule am Wohnort Bollschweil sind die Kinder nach den Erkundigungen des Vaters Ende März 1993 nicht bekannt, so dass davon ausgegangen werden muß, dass sie auch an diesem zuletzt bekannten Wohnort der Mutter nicht zur Schule geschickt wurden.
4. Der Vater hat im Sommer 1992, als er in das verlassene Haus Strasse in Unbenannt, die frühere eheliche Wohnung, gelangte, feststellen müssen, in welch unbeschreiblichem Zustand sich der Haushalt befunden hat. Dies wurde anläßlich einer Verhandlung vor dem Familiengericht angesprochen. Nachdem der Vater den Haushalt in 3-wöchiger Arbeit zusammen mit seinen Eltern auf Vordermann gebracht hatte, gelangte die Mutter aufgrund richterlichen Beschlusses wieder in den Besitz der ehelichen Wohnung, die sie 4 Monate lang zusammen mit den Kindern nutzte und bewohnte. Als der Vater wieder in den Besitz der Wohnung gelangte, mußte er zu seinem Bedauern erneut chaotische und gesundheitlich bedenkliche Zustände feststellen.
Daß diese Zustände keineswegs auf das Verlassen der Wohnung zurückzuführen waren, vielmehr das Haus auch in diesem Zustand gewesen ist, als die Mutter zusammen mit den Kindern noch darin wohnte, hat der Vater erst nachher erfahren. Die Babysitterin der Mutter hat ihm bestätigt, dass das Haus immer in einem derartigen Zustand gewesen war, dass es von Bediensteten des Jugendamts nicht eigentlich hätte betreten werden dürfen.
Die Kinderzimmer sahen permanent so aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte. Wenn die Babysitterin den Kindern etwas zu essen richten mußte, hatte sie zunächst einmal eine Stunde lang die Küche aufzuräumen und teilweise Essensreste zu beseitigen, die über 3 Tage herumgestanden hatten. Es muß so gewesen sein, dass die Mutter permanent das Essen den Kindern immer wieder aufgewärmt hat. Der Babysitter mußte oft 2 bis 3 Stunden Bügelwäsche bearbeiten, damit er den Grund des
Wohnzimmertisches erreichte. Die Mutter sprach dem Babysitter gegegenüber immer von Überlastung durch Bügelarbeiten, ohne auch nur einen Handstreich in dieser Richtung zu tun. Der Babysitter hatte den Eindruck, dass die Mutter die Anziehsachen der Kinder desöfteren aus der Schmutzwäsche herausgenommen hatte.
Was das Essen anlangt, wurde bereits vorerwähnt darauf hingewiesen, dass überall Essensreste herumstanden. Zum Ausräumen der Spülmaschine ist die Mutter nie gekommen. Im Kühlschrank standen wiederholt verdorbene Lebensmittel herum. Es wurde vom Babysitter einmal festgestellt, als sie den Kindern Brote richtete, dass die Wurst schimmelig war, die ihr von der Mutter zur Verfügung gestellt worden ist. Es schien die Tendenz der Mutter gewesen zu sein, weil sie keine große Lust hatte, die Kinder auch nach zu bekochen, den Hunger der Kinder nach der Schule bei McDonalds zu stillen.
Der Vater hat erfahren müssen, dass die Mutter zumindest seit der Trennung der Parteien die ihr obliegenden Aufgaben der Haushaltsführung gänzlich negiert hat. Sie hat weder im Haus noch im Hof etwas gearbeitet.
Beweis: Zeugnis der Frau Nicole Schaten, Danziger Str. 7, Plz - Ort,
und
Zeugnis der Familie Gsell, Strasseaße 22, Plz - Ort
Dieses Verhalten der Mutter deckt sich mit den Feststellungen, die der Sachverständige Täschner in seinem Gutachten über die innere Einstellung der Mutter zum Ausdruck gebracht hat, dass sie nämlich die Rolle als Hausfrau und Mutter als subaltern einschätzt.
5. Aus alledem vermag die Entscheidung des Familiengerichts bezüglich der Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter nicht zu überzeugen, weil der Sachverständige Lempp keineswegs in seinem Gutachten die Auffassung vertreten hat, die Bindungswirkung der Kinder zur Mutter sei größer, insoweit hat der Sachverständige sehr wohl differenziert, zum andern hat der Familienrichter die elterliche Sorge einem Elternteil zugewiesen, der gar nicht willens ist, die sich hieraus ergebenden Verpflichtungen wie vorstehend unter Beweis gestellt überhaupt zu übernehmen.
Es ist für den Senat zwingend geboten, die Akten 13 F 67/92 des Familiengerichts Böblingen beizuziehen, in denen die Gutachten enthalten sind, die vom Vorderrichter bei seiner Entscheidung berücksichtigt worden sind. Die Entscheidung des Vorderrichters läßt sich eigentlich nur dadurch erklären, dass bis heute nicht Zeugen gehört wurden und
insbesondere die Kinder nach der Trennung der Parteien nicht zu ihrer persönlichen Situation befragt worden sind. Das Gericht hat genauso wie das Jugendamt lediglich die widerstreitenden Auffassungen der Parteien zur Kenntnis genommen, ohne durch eine Beweisaufnahme die Situation zu hinterfragen " und zu klären.
Stoll
Rechtsanwalt
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